2000-2001Gedicht

Gedicht und Limerick – Schaffensphase November – Dezember 2000






Das Gasunternehmen am Landschaftsschutzgebiet

So angeklebt,
quasi angeklatscht.
Blaue Stahlzylinder
Metallrohre
Riesige Tanks
Gigantisches Fassungsvermögen

Ein metallener Wirrwarr
So nah
am
Landschaftsschutzgebiet.

Was wird geschützt?
Natur trifft auf
Metall.

Geld trifft auf Umwelt

Gefährliches Gemenge
Tödliche Mischung?
Für wen und wann?

Schutz und Ausbeutung
Landschaft und Industrie

Nicht einsichtige Unternehmen,
die ein Gebiet ad absurdum führen.
Ein guter Gedanke
völlig falsch umgesetzt
und gänzlich falsch ausgeführt.

Wenn Interessen widerstreiten,
verliert vor allem einer:
Die Natur!




Die sandige Promenade

Meeresgerade
Promenade am Strand
Eine grüne Düne
führt hinab.

In endloser Weite
breitet sie sich aus.

Solange die Füße tragen,
solange das Auge reicht,
solange der Strand andauert.

Ein Spaziergang am Weg der Träume
Meeresrauschen im Hintergrund
Maximale Auszeit
Minimale Sorgen

Mit jedem Schritt ein bisschen näher,
näher am Sandtraum,
näher an der Strand-Schwärmerei.

Menschen folgen dem Pfad
Promenade des Glücks
Ein Weg von Vielen

Wer wird den Weg wieder begehen?
Wer wird hier wieder wandeln?
Vielleicht kein Einziger…




Der Streikbrecher der besonderen Art

So manche Arbeitsniederlegung
bräuchte eine Streitbeilegung.
Doch ist die nicht in Sicht,
wie wär’s wenn man den Streik bricht?
Das Ende der Bewegung!




So viele Leute!

Alle unterwegs,
schnell,
gestresst,
ziellos im Zielen,
nebeneinander her.
Jeden Tag
dieselbe Masse
dieselbe Anonymität,
alles gleich,
ein zäher Brei,
dickflüssig,
träge,
unverdaulich.

Wer kennt…?
Niemand niemanden.
Ewiger Ball
der Gleichgültigkeit
rollt, rollt, rollt.
Tretmühle des Alltags
mahlt, mahlt, mahlt.
Hamsterrad der Arbeit
dreht, dreht, dreht.
Warum redet…?
Niemand mit niemandem.

Keiner stoppt,
keiner durchbricht,
stellt sich gegen
den Strom,
durchbricht
das anonyme Leiden,
das stoische Ertragen.
Wer wäre ein
Fels in der Brandung?
Warum?
So einfacher?




Der Platz der Maler

Holzstände,
am frühen Morgen verwaist,
bald belebt.
Touristen
schauen,
Maler bauen
die Staffeleien
sorgfältig auf.

Pinselstriche, Farben, Papier,
Staffeleienreigen.
Lockende Gespräche.
Portraits – Realität oder Traum?
Zuckende Finger,
grinsende Lippen,
ewig gleiche Griffe.

Zwischendurch
warten
auf neue Kundschaft,
ein Blick
auf die emsige Konkurrenz.

Eine Stunde, ein Tag, ein Jahr,
vorgespult im gleichen Bild.
Wer malt?
Wer lebt?
Wer zahlt?
Wer geht?
Ewig gleicher Tanz,
Farbballett,
Schwarz-weiß Duett.
Es dreht sich, es bewegt sich.

Vergeblich.




Eine Drohne im Haus

Mit einem penetranten Surren,
wie ein lautes Murren,
fliegt die Drohne umher
und das ohne Gegenwehr.
Nur der Hund fängt an zu knurren.




Die Mode stellt sich zur Schau

Eckpalais
im Eleganten,
von außen repräsentativ
im Innern abgedunkelt.
Konzentration auf Stoffe,
alte Kleider,
Kostüme,
Schuhe.
Wechselausstellung.
Spazierten die Trägerinnen
der Exponate einst selbst
durch die exquisiten Hallen?

Zur Fashion Week
hektische Betriebsamkeit,
sogar hier im Alten.
Man buhlt um das Neue.
Der schöne Schein ist nicht
von Dauer.
Er giert nach
neuen Mustern,
anderen Farben
neuen Schnitten,
anderen…
Das ewige Karussell
bei den Dauerexponaten
angehalten.
Der Garten dem Publikum
verborgen.
Das Palais innen zu dunkel.
Wo bleibt das Licht?




Gewöhnung an Entbehrungen

Das Leben als Asket,
doch ganz einfach geht:
Man verzichtet auf alles
und vermisst nichts.

Entbehrungen, die wiegen zwar schwer,
doch schon bald spürt man sie nicht mehr.
Hat man erst eine Schwelle überschritten,
dann wird es einfacher mit neuen Schritten.

Neue Einschneidungen,
die werden ganz leicht.
Eine Diät wird zum Kinderspiel!




Rodias Mosaikkunst

Kleine Teile
Sie ergeben ein Ganzes.
Zersprengte Punkte
zusammengesetzt:
Ein Bild entsteht.

Ein Puzzle als Kunstwerk
Punkte als Gesamtbild
Alle Farben im Punktemeer

Flaschen
Fliesen
Glas
Majolika
Kleinmosaiken

Aus dem Kleinen
ins Große.
Der Mikrokosmos erschafft
seinen eigenen Makrokosmos.

Rodias Blick für das Kleine
Der Blick des Visionärs.




Eine Galerie mit Vergangenheit

Trockenen Fußes
durch die Stadt,
dafür einstmals erbaut,
garniert mit Geschäften,
Vorläufer der Kaufhäuser.

Die schönste Pariser Passage:
Galerie Vivienne
wohlklingender Name,
pastellfarben,
marmorierter Boden,
renommierte Weinhandlung
Rahmenspezialgeschäft,
elegantes Café,
Buchhandlung – ein Muss.
Stundenlang schlendern,
vergessen, die Zeit,
dem Verkehr entronnen.

Hochgewölbte Decke,
Licht und Luft,
fortschrittlich,
schöner als heute.

Leider ein Auslaufmodell,
museal mutet sie doch an.
Fast möchte man
Eintritt verlangen,
gerade vor Weihnachten,
wenn alles
lichterüberhangen.




Das SoFi Stadium entsteht

Ein Areal
Plattgemacht
Pferderennbahn musste weichen
Für etwas Neues
Und etwas Großes:
American-Football-Stadion der Superlative

Kosten nicht gescheut
Fünf Milliarden, als wäre das nichts.

Gigantisches Sport-Bauwerk
Die Zukunft
findet hier statt.
Der Super Bowl,
er kommt bestimmt.

Eine Spaßmaschinerie,
die leuchtet und blinkt,
niemals stillstehen wird
und sprudelt vor Geld.

Die Hochburg des Entertainments
Hier wird der Spaß geboren!

Hier wird Freude in Formen gegossen
und teuer verkauft,
vermarktet und an den Mann gebracht.




Kutte der Finsternis

In einer schwarzen Kutte gehüllt,
wie von der Finsternis gefüllt.
Ein dunkles Wesen
ist das gewesen,
das unheimliche Laute brüllt.




Der Tempel der Gelehrsamkeit

Hort des Wissens seit
Jahrhunderten.
Früher überschaubare Zahl,
parlierten in Latein
heute Massenuni –
verteilt über die ganze Stadt.

Ein Hauch alter Gelehrsamkeit
weht noch im Hauptgebäude,
etwas versetzt vom Boulevard
St. Michel.
Kuppel und Steinfassade
begrüßen den neugierigen
Besucher,
der tritt ein,
schlendert durch Gänge:
offene Tür
Hörsaal – Amphithéâtre.
Arena des Wissens,
Gelehrsamkeit schnuppern,
das leere aufsteigende Halbrund
ehrfürchtig bestaunen.
Anerkennend raunen.

Es packt die Lust,
selbst zu studieren,
die Bücher aufzuschlagen,
etwas zu erfahren,
etwas zu entdecken.
Vielleicht ein klein wenig
die Welt zu verstehen.
So fing es auch damals an –
auf Latein in der Sorbonne.




Koordinaten eines Ziels

Längengrad
Breitengrad
Zusammengelegt ein Ort
Ein Punkt auf der Karte
Ein Standort auf dem Globus

Dort bewegt sich etwas,
da leben Menschen,
Häuser errichtet,
Brunnen gebaut.

Etwas Seltsames
Etwas Bedrohliches
Irgendwas Gefährliches

Ein Ziel zum Bombardieren,
ein Punkt zum Anvisieren.
Länge und Breite bekannt,
ein Sturm ist jetzt entbrannt!




Studentisches Zusammenleben

Auf engstem Raum,
in roten Steinen,
da leben sie,
Tür an Tür.

Aus aller Welt,
Studentenleben,
Kulturen begegnen sich,
Tag für Tag.

Das Dorf, ein Village,
es steht für Nähe
und für Zusammenhalt.

Alle finden ihren Platz,
denn einer steht ihnen zu.
Jeder weiß
woher er kommt,
wohin er gehen will.

Das Uni-Dorf,
es lebt und gedeiht,
dem Wissen geweiht.




Ein zum Verwechseln ähnliches Gesicht

Ein Antlitz wie das Original,
vielleicht nicht ganz so lang und schmal
und doch sind sie dermaßen gleich,
als handle es sich um einen Streich,
eingefädelt vom Schicksal.




Eine untergegangene Stadt

Ganze Häuser,
ganze Gassen,
ganze Straßen,
ganze Viertel,
für immer verschwunden.
Opfer des Wandels,
Opfer von Haussmanns Stift,
die Zeit verlangt Opfer.

Die Verschwundenen,
sie existieren
nicht mehr in der
Erinnerung,
da alle Zeitgenossen
tot.
Sie existieren
in der Kunst,
in der Literatur,
im Theater,
in der Fotografie,
im Film,
in der Malerei.
Dort für immer gebannt,
auf Papier, Leinwand oder Band.
Sie lassen uns staunen,
wie schnell es geht,
dass so vieles vergeht,
erinnern uns an unsere
eigene Vergänglichkeit.




Künstler im Café

Unter sich sein,
Kunstseelen im Einklang
mit sich, mit anderen.
Reger Austausch,
Pointenfeuerwerk
explodiert
An allen Cafétischen.

Bestellungen
wie Ping-Pong-Bälle,
der Kellner
kommt kaum
hinterher.

Eine geistvolle Kundschaft,
sie unterhält sich selbst,
zieht andere an.
Ein Künstlercafé –
ein Gütesiegel.
Es streben herbei
immer mehr
Künstlerzombies,
Kehrseite
des Künstlerbooms
im Café.




Die Inszenierung beim Mord

Es schreckt ein gutes Theaterstück
auch vor Mord nicht zurück.
Es liegt eine Leiche auf der Bühne,
beim Stück geht es um Rache und Sühne,
um Tragik und um Unglück.




Avenue der Trostlosigkeiten

Trostloser Teer
Aneinandergereihte Trostlosigkeiten
Die Avenue
Eigentlich eine Paradestraße

Von links
Von rechts
Alles gleich.

Von oben
Von unten
Stets dasselbe Bild,
dieselbe Tristesse,
identisches Ergebnis.

Ein graues Viertel
Ein blasser Schein,
man macht sich nicht mal
die Mühe ihn zu wahren.

Wenn nicht mal der Schein stimmt,
was dann?




Spionagegesetze des Königs

Keine Demokratie
Das Volk, kein Träger der Staatsgewalt
Eine Monarchie
Der König, eine Schreckensgestalt

Er lässt bespitzeln,
was das Zeug hält.
Observieren und notieren
Keiner macht einen Schritt,
ohne dass er es sieht.

Die Spionagegesetze,
hart und unerbittlich:
Ausreden für Folter und Terror!

Ein Anstrich von Rechtsstaat
Ein Hauch von Gerechtigkeit
Eine ehrliche Fassade
Mehr nicht!




Nur Blumen im Angebot

Alte Dame
morgens schon eifrig
am Sortieren,
Stand herrichten:
frische Rosen,
herrliche Margueriten,
es duftet,
leuchtet,
entführt
in ruhige Welten
voller Zauber.
Farben
Pracht.

Überall dasselbe Bild:
Standmeer wird zu Blumenmeer.
Man kann sich nicht entscheiden,
schließlich doch
bei der netten alten Dame,
ein Strauß roter Rosen
der Liebsten verehrt
an der nahen Seine,
besiegelt mit einem Kuss.




Ein Soldat vom alten Schlag

Dinge geradeheraus auszusprechen,
niemals zeigen seine Schwächen,
allzeit bereit zu sein,
immer fit ins hohe Alter hinein,
das ist sein Versprechen!




Der Sprung von den Klippen der Angst

Grenzen der Natur
Klippen der Angst
Gewaltige Höhen,
die zu überwinden,
es nun gilt.

Ein Sprung ins Blaue
in den Pazifik
in Brandung und Wellen
ins wogende Meer.

Malaga Cove
von eigenartiger Schönheit
von beseelter Ruhe
von glückseliger Atmosphäre.

Eine Ausbuchtung des Landes
Eine Beule des Kontinents
Eine Laune der Natur

Die Klippen
am Ende
der Welt.




Schlittschuhlaufen in luftiger Höhe

Die Winterzeit
bedeutet Schlittschuhzeit
auf dem Eiffelturm.
Glückliches Herumgleiten
auf der Eisfläche
des ersten Stocks,
der Blick über die Stadt umsonst
dazu.
Munteres Schlittern,
verbissenes Hockeygerangel.

Die kleine Eisarena
dominiert eine Miniaturausgabe
der eisernen Dame.
Schlittern um die Dame
auf der eisernen Dame.
Tagsüber farbenfrohe Begrenzung,
bei nachts farbenfroher Lichtreigen.




Von Neil Armstrong bis John Wayne

Der auf dem Mond wanderte,
der weltbekannte Cowboy,
der Premierminister Japans,
sie alle kamen von der USC.

Talente, die gefördert,
Rohdiamanten, die geschliffen,
Persönlichkeiten, die geformt,
wurden.

Spitzentalente,
entstanden in großen Mühen
und harter Arbeit.

Sie stechen heraus,
aus der Masse.
USC-Spitze
Kalifornische Kaderschmiede
Spitzenförderung im Golden State




Ein Rundflug über Paris

Paris von oben überflogen,
da sieht man den Triumphbogen.
Nicht weit weg ein schwarzer Turm,
der hält Stand jedem Sturm
und allen Windwogen.




Den Massen entkommen

Flucht
vor den Massen.
In der Kapitale
der Liebe,
dem Magnet
für Lichtbegeisterte
ungewöhnlich
einfach.
In die kleine Seitenstraße
hinein,
abseits der Avenue,
ein paar Schritte
vom großen Boulevard
bricht die Einsamkeit an.

Menschenansammlungen
suchen ihresgleichen.
Temporäre Flucht
leichter als erwartet.

Ein Paris für Individualisten,
ein Alltagsspaziergang
zwischen den geschäftigen
Einwohnern.
Von der Viertelbetriebsamkeit
mitgerissen,
leise Momente
in der Kapitale
der Liebe,
dem Magnet
für Lichtbegeisterte.




Der Dach-Pool und die Wolken

Ein Pool an den Wolken
Wasser schwebt
Ein Element,
das man nicht oben erwartet.

Die Tradition der Schwerkraft
hat ausgedient.
Neue Gesetze gelten,
Elemente sind nicht mehr gebunden.
Durch nichts.

Ein simpler Dach-Pool bringt ins Wanken,
was früher ein jeder geglaubt.

Das Erdgeschoss scheint
auf diesem Dach zu residieren.
Dem Erdboden gleich
Dem Himmel nah
Sonderbare Erfahrung




Ein Mann des Volkes mit Charakter

Ein Hügelkind,
Wiege in Montmartre.
In der Folge
ein Landpflänzchen
trotz zweier Schaustellereltern.
Ein Kind mit Charakter wie
später ein Mann mit Charakter.
Jean Gabin, Gymnasiumabbrecher,
Gelegenheitsarbeiter.

Per Zwang vom Vater
auf der Bühne geschleift.
Eine Karriere wider Willen
mäandert von der Bretterbühne
vor die Kamera.

Frankreichbefreier
ab 1943, sein
Filmstern
glüht nach dem Krieg
wieder auf,
steigt auf,
ins Klassikerfirmament.




Gehorsamer Sohn – ohne Fehl und Tadel

Ein Sohn so fleißig
und so gar nicht streitig!
Doch wenn erst mal die Maske fällt
und er sich widerlich verhält,
ist sein Charakter abseitig.




Der abgefangene Romeo

Ein heiterer Flirt sollte es werden,
seine Chancen bei der Angebeteten vermehren.
Doch funkte ihm sein Bruder dazwischen,
der begann auf wenig elegante Art zu zischen.

Die Frau nahm Reißaus
und rannte schnell zu sich nach Haus.
Der ausgebootete Romeo
hätte seinen Bruder am liebsten befördert nach Borneo
mit einem gehörigen Fußtritt
und am besten einer gesalzenen Ohrfeige gleich mit.




Das verschwundene rosa Palais

Nummer 50,
Avenue Foch,
prestigereiche Adresse
des untergegangenen
rosa Juwels:
Palais Rose.

Cousine des Versailler Trianon.
Erbauer Sanson,
Zerstörer Deromedi.
Eine Lebensspanne von
knapp siebzig Jahren
für einen Edelstein
der Belle Epoque.

Sagenhafte Innengestaltung
errichtet mit Vermögen
aus Amerika
im Auftrag eines französischen Grafen.

Aktuell durch
Betonklotz okkupiert,
doch Nachleben
als steinerne Legende.




Der Nachwuchs im Hamsterrad der MLB

Schläger schwingen
Bälle einfangen
Sprinten zur nächsten Markierung
Der Nachwuchseifer ungebrochen
Die Jugend müht sich ab.

Es ist Abend.
Künstliches Licht aus den Scheinwerfern
Lange Schatten zeichnen sich ab.
Mehrfache Schatten entstehen.
Manche länger, andere schneller

Wer wird gewinnen,
in diesem Hamsterrad?
Höchstens einer.
Mehr kommen nicht in die MLB,
Statistiken lügen nicht.




Die Stürmung der Loge

Es sitzt der Doge
in seiner Loge
und wird von allen
bald überfallen,
keiner ist ihm mehr gewoge!




Reich des Flamenco

Von zehn Straßen
stürmen sie auf die Place de la Nation.
Nicht zur Demonstration,
doch zur Demonstration,
der Tanzkünste,
nicht der politischen.
Flamenco schwingt das Zepter,
spanische Klänge wabern über den Platz.
Ein Hauch Süden weht.
Er trägt mit,
die schnellen Füße,
die begeisterten Beine.
Hände beschreiben
Bögen in der Luft.
Rot-weiße Kleider
leuchten in der Sonne.
Entspannte Stimmung sprudelt
über den Platz.
Musik reißt mit,
verführt, das Tanzbein
zu schwingen,
auch das gänzlich eingeschlafene.

Glückliches Lachen
auf der Place de la Nation.
Glückliches Schwofen
auf der Place de la Nation.




Ein Geschäft voller Kekse

Neugierige Schritte
lenken uns.
16, rue Norvins.
Eine Kekserei
der Superlative.
Braune Vorderfront,
stolzer Besitzer
im gleichfarbigen Kittel.

Es leuchtet orangefarben
aus dem engen Innern.
Päckchen und Kästchen,
angefüllt von Keksen,
biscuits.

Wir dürften kosten.
Können nicht aufhören.
Was mundet hier nicht?

Traditioneller Herstellung
verpflichtet.
Höchste Qualität
garantiert.

Schwer beladen
spazieren wir hinaus.

Ein Keksvorrat fürs Jahr.




Die vertauschte SIM-Karte

Eine Chipkarte
auf Abwegen,
ins falsche Handy
geschlüpft,
für Konfusion gesorgt.
Persönliche Daten
und Identifikationsnummer
schlummern
im falschen Gerät.

Durcheinandergewirbelte
Identitäten,
verpasste Anrufe,
verpasste Chancen.
Das Jobangebot
per SMS, von den
falschen Augen gelesen;
Einladung zum Einstellungsgespräch
das falsche Ohr
erreicht.




Die hochrangige Verschwörung

Ganz oben die Elite
denkt an ihre Rendite,
manipuliert die Kurse geschickt,
ohne dass der Markt erschrickt,
steht in ihrem Zenite.




Mein eigenes Restaurant

Tannengrünes Äußeres
Hungrige hineinlocken.
Klingende Menünamen
Verheißungsvolle Düfte.
Mund-zu-Mund-Propaganda.

Ich schwinge den Kochlöffel.
Mittag für Mittag,
Abend für Abend.
Anstrengender Schichtbetrieb.
Glückliche Kundengesichter.

Es läuft.
Manchmal schleppend,
manchmal glorreich.
Kellnerprobleme
Lieferprobleme
Der Esser ist König.
Ab und an tyrannisch.

Nach dem letzten Kunden
Ein Blick auf Saint-Vincent-de-Paul.
Nächtlich erleuchtete Tempelkirche.
Majestätisch, beruhigend.




Der Bär Kaliforniens

Erschlagen steht man vor der Front,
die die Hall of Justice bietet.
Drei Flaggen wehen vor dem Eingang.

Eine von ihnen
die kalifornische Flagge.

Der Bär der Republik Kaliforniens,
er weht im Wind,
er verteidigt den Eingang,
mit Zähnen und Klauen,
so steht er da.

Jederzeit bereit einzuschreiten,
wenn die Gerechtigkeit es gebietet.
Ein wuchtiger Auftritt,
der Spuren hinterlässt.

Krallen der Justiz
Dort bekommt man sie zu sehen
und zu spüren!




Hüterinnen karibischer Träume

Südliches Flair in der Hauptstadt.
Palmen wiegen sich in der Pariser Brise,
künden von Sommer, künden von Wärme,
von Freiheit, Müßiggang.

Im Frühjahr erobern sie den Jardin du Luxembourg,
dominieren ihn im Sommer,
Hüterinnen von karibischen Träumen.

Im Herbst flüchten sie,
der milde Pariser Winter
bekommt ihnen schlecht.
Sie sind nur für die guten Zeiten gemacht,
für die Wärme, für die Sorglosigkeit.




Die Minderwertigkeitskomplexe des Handwerkers

Wer arbeitet mit den Händen,
würde gerne mal am Bürotisch enden.
Da ist man nicht ganz so müde,
das Umfeld nicht so rüde,
stattdessen muss man die Holzlatte wenden.




Mitternächtliches Wettrennen auf der Luxusmeile

Ein Sport
der rücksichtslosen Art,
Gefährder für Leib und Leben
rasen um die Wette
in teuren Wagen
die Champs-Elysées
hinauf, hinab,
180 km schnell.
Söhne von Diktatoren
Kinder fehlender Erziehung.

Der Rausch
anstelle echter Gefühle.
Der Kick
anstelle echter Freude.

Sie fahren davon
unterm Diplomatenkennzeichen.
Sie stehlen sich davon,
aus der Verantwortung,
die keiner einklagen will.




Die Strandperle mit südlichem Flair

Ein Hauch von Miami
hier unten in LA.
Long Beachs Wolkenkratzer
Die langen Sandstrände
Ein Flair des Südens der Ostküste

Der Hafen gefühlt weit weg
Die Küstenlinie legendär
Ein zweites Santa Monica
hat sich hier etabliert.

Yachthafen und Pier
Vieles weiß zu gefallen.
Luxus und Geld
erobern die Strandperle.
Entspanntes Leben
im südlichsten Zipfel LAs




Gute Medizin ist bitter

Soll die Wirkung überzeugend sein,
ist Medizin nun mal eine Pein.
Bitter liegt sie im Mund,
herabgewürgt im Schlund,
ist sie im Magen ein Stein!




Schon wieder eine Demonstration!

Sie sterben nicht aus.
Seit Jahrhunderten
gehören sie zur Hauptstadt
wie der Verkehr,
das Menschengedränge,
die Gerüche, der Gestank,
die Schönheit, der Abfall.

Es demonstriert
sich gut
in Frankreichs Hauptstadt.
Viele große Plätze,
viele breite Alleen.
Ursprünglich für anderes
bestimmt,
bieten sie Raum.

Raum für Meinung,
Raum für Trauer,
Raum für Freude,
Raum für Forderungen,
Raum für Wut,
Raum für …

Eine Zumutung
für die Pariser.
Sie ertragen sie gerne.
Keine Metro, kein Bus.
Zu Fuß zur Arbeit,
mit dem Fahrrad ins Büro,
erzwungenes Autoteilen.
Fremde werden zu Helfern,
aus Helfern manchmal Freunde.




Eine Segelflugschule macht dicht

Über den Wolken schweben,
mal so richtig abheben,
den Planeten von oben erblicken,
einmal der Sonne zunicken:
Dafür will niemand mehr was ausgeben!




Glimpflicher Ausgang in letzter Sekunde

Auf Messers Schneide
Tief in der Kreide
Stand die Firma zuvor,
indes dann öffnete sich ein Tor.

Ein hellerer Finanzierungshorizont
kämpft mit der Schuldenfront.
Lange hätte es die Belegschaft nicht mehr getan,
denn fast alle Hoffnung war vertan.

Ein glückliches Ende, denkbar knapp,
sonst wären die Arbeitsplätze platt,
wir freuen uns ob der frohen Kunde
ein wenig mehr mit jeder Stunde.




Ende

© 2021 Nicolette Marquis https://www.carminis.de