2000-2001Gedicht

Gedicht und Limerick – Schaffensphase September – Oktober 2001






Das LAX Theme Building

Assoziation:
Ein Ufo mit vier Beinen

Futuristisches Bauwerk
Steine mit Vision

Ein Blick in die Zukunft
Nicht nur Luftverkehr
Auch Raumfahrt!

Eine neue Dimension,
die da eröffnet
werden soll.

Weiße Bögen,
man sieht sie von Weitem,
sie kreuzen sich
und begrüßen die Zukunft.

Die Gegenwart und die kommende Zeit:
Einen Schnittpunkt,
den haben sie hier beide.

Eine gigantische weiße Spinne,
jederzeit bereit loszuspringen,
in die höchsten Lüfte
die weitesten Sphären
fernab der normalen Flugrouten.

Bauform ist Programm
Welch luftige Machart
Welch spielerisch, schwebende Fiktion!




Strand von Hermosa

Das Ende eines Strandes,
der nie enden wollte:
Endstation Hermosa.

Undankbare Aufgabe
für einen lieblichen Strandabschnitt.

Man kann es nicht glauben,
dass auch er sein Ende nimmt.
Gezwungen zum Abschluss
Genötigt zum Abbruch
Beendigung wider Willen

Hermosa am Ende
Das Beste kommt zum Schluss?
Das Schönste auf jeden Fall

Ein kilometerlanger Teil
Sein Hinscheiden spektakulär
Ein sandiges Omega,
als letzter Buchstabe des Alphabets der Strände.

Perspektivwechsel
Von hier aus betrachtet,
fängt der Strand erst an.
Alles eine Frage
der Perspektive.




Wenn das Benzin ausgeht

Ist der Tank leer,
fährt das Auto nicht mehr.
Dann fängt es an zu ruckeln,
wird nur noch juckeln
Ach, das hasse ich so sehr!




Eine makabre Touristenattraktion

Unter den Füßen der Metropole
dunkel.
Reich des Todes,
muffig,
kalt,
aufgeschichtet
in Reih und Glied.
Hunderttausende
Schädel, Knochen.
Individuum aufgelöst,
fleischlich und persönlich.
Kabinett des Grauens!

Die Toten
verschiedenster Friedhöfe
hier zusammengekommen.
Pariser Pfarrfriedhöfe
geschlossen,
aus der Erde,
unter die Erde.
Umgebettet
in nächtlichen Aktionen.

Weltweit singulär.
Attraktion
seit Jahrhunderten.
Lebende ziehn‘ vorüber,
weiden
sich am makabren Schauspiel.

Pochendes Herz,
warmes Blut,
Selbstvergewisserung,
Spiegel
des Todes?
des Lebens?

Wohin geht die Reise?
Endet sie hier?
Schauer,
Flucht,
Aufstieg
ins Helle.
Grausige Erinnerung
bleibt.




Eine große Brückenfamilie

Die älteste aus Stein,
die jüngste aus undefinierbarem Material.
Auf den ersten Blick,
alle verbinden
zwei unterschiedliche
Ufer,
zwei Weltanschauungen,
zwei Konflikte.

In früherer Zeit von Häusern besetzt,
manche Brücken unter der Last eingekracht,
später Verbot der Wohnung,
des Hauses im Niemandsland
zwischen Rive Gauche und Rive Droite.

Pont Neuf – ausgerechnet die älteste.
Ist mir die liebste.
Geradlinig, klar, schnörkellos.
Fest und imposant.
Zieht in ihren Bann.
Einmal ein Fan,
kehrt man immer wieder zurück
in dieses ganz spezielle
Zwischenland.
Gruß an die Seine.




Das Erbe von Arsène Lupin

Die französische Literatur
kennt so manch bekannte Figur.
Ein Dieb mit Eleganz
hält die Polizei auf Distanz
und das mit Bravour.




Stadtgeschichte im Stadtpalais

Verblichene stolze Besitzerin,
klug.
Originalinventar weg,
trotzdem alte Exponate
zur Pariser Stadtgeschichte.
Reichhaltig,
beeindruckend,
groß,
ausgedehnt,
vielfältiges Panorama.
Der alte Stil stützt die Exponate
in ihrer Aussage,
schützt sie vor kruder Moderne,
entführt den Besucher gleich doppelt.

Es ist lehrreich,
es berührt.
Manchmal wird es zu viel,
man will nur noch fliehen
aus den stickigen Räumen
in die heutige Luft.

Man landet im Innenhof,
wieder umringt vom Alten
oder man landet im Garten
auch rundum geborgen vom Alten.




Vertrauen in den Überläufer?

Wie kann man
einem Verräter vertrauen?
Wie schafft man es,
einen Überläufer
Willkommen zu heißen?

Verrat zu belohnen?
Hinterhältigkeit zu entlohnen?
Ist Vertrauen
hier die richtige Währung?

Wer soll sich bewähren,
wenn er wechselt die Seiten
spielend leicht beizeiten?

Prinzipienlos
Ohne Rückgrat
Ohne Ehre und Anstand
Es kann kein Vertrauen geben…




Polizeibehörden-Repräsentation mit Stil

Eine ganze Straße nimmt sie ein,
Hall of Justice-Meilenstein.
Imposant und helles Haus,
Polizisten gehen ein und aus.

Die Flaggen wehen
auf dem Vorplatz im Wind,
hier arbeitet das Justizsystem geschwind.

Die Mühlen mahlen langsam nicht,
denn Ruhe ist niemals in Sicht.
Ein Straßenzug gehört ihr ganz,
mit ihrer starken Eleganz.

Und so hat South Gate sein Zentrum.
Alles gruppiert sich drum herum.




Das unterschätzte Verkehrsmittel

Der Bus.
Verkanntes Transportmittel.
Nur hiermit offenbart
sich die Pracht der Stadt.
Keine schwarzen Tunnel,
weite Sicht,
bei Stau – Genuss der Monumente
verlängert sich.
Touristen schätzen le bus,
Pendler ersticken
vor Eile,
eilen in Métro, tauchen ab.

Wir bleiben oben,
kämpfen uns weiter im Bus
durch einzige Blechlawine.
Nach acht Uhr abends
Bus rapide,
Straßen frei.
Paris by night
im Linienbus.




Höhen und Tiefen: Die Exzesse im Spielcasino

Schnelles Spiel
Eigentor
Alles auf rot
und das immer wieder.

Statistische Wahrscheinlichkeit
Einmal kommt schwarz.
Ganz bestimmt.
Und dann?

Dann kommt wieder
rot.

Doch diesmal setzt er nicht
mehr.
Ein letztes Spiel,
kann niemand versagen.
Doch er spielt nicht.

Zu viele Einsätze, zu viele Verluste
Einen Gewinn gibt es hier nicht.
Letzte Runde?
Sie wird ausgesetzt!
Ausgesessen!

Rettende Erkenntnis
durch bittere Erfahrung

Manche müssen fühlen, um zu hören,
müssen leiden, um zu lernen.

Der steinige Weg
ist für manche
genau der richtige Pfad.




Ein übermenschlicher Geistlicher

Beseelt von einem Geist,
von dem kaum jemand speist,
wirkt er übernatürlich
und das mehr als gebührlich.
Wie ein Heiliger er heißt!




Die Kirche von Saint-Germain-des-Près

Keimzelle des gleichnamigen Viertels,
Quartier Saint-Germain-des-Près.
Einst Gebiet einer riesigen Abtei.
Kirche erblickt Licht der Welt 558,
drei Jahrhunderte später
Benediktinerabtei.
Ab 1789 kein heiliger Ort mehr,
Salpeterfabrik,
später wieder geweiht
bis heute.

Durch alle Wirren hat
sich Saint-Germain behauptet
bis zum heutigen Tag.
Älteste Kirche der
französischen Hauptstadt
mit ältestem Pariser Kirchturm.
Der letzte von ursprünglich dreien.

Einziger Wermutstropfen:
Saint-Germain wird
bedröhnt
vom ewigen Verkehr,
ruhige Einkehr
leider schwer möglich.




Eine Menge ländlicher Verwandter

Weit verzweigte Familie
Viele Verwandte im Schlepptau
Eine Menge an Gesichtern

Auf dem Land,
da ist es bekannt,
die Familie herrscht entspannt.

Bauern und Handwerker
Was man eben so braucht,
wenn man in das Landleben eintaucht!

Anständige Charaktere,
schwierige, aber keine vulgäre,
gradlinige, aber schweigsame.




Wenn Mediziner Drogen nehmen

Ein medizinisches Ensemble
mächtiger Gebäudekomplexe.
Krankenhochhäuser ragen empor

Fernab vom Haupt-Campus,
nicht weit von Pasadena,
da residiert der Tempel der Heilung,
das Keck Hospital.

Skandale erschüttern,
das Vertrauen schwindet,
die Ausbildung, sie nimmt Schaden.

Ein drogenkonsumierender Dekan
Im zwielichtigen Umfeld
Eine Entourage
von Kriminellen und Drogenkonsumenten
Ein Sumpf aus illegalen Substanzen

Ein Einzelner, der die Arbeit vieler,
so schnell und tief in den Dreck zieht.

Und bei Weitem,
nicht nur ein Skandal!
Imagewechsel
Neuerfindung eines Krankenhauses




Der Fluch des Lichts

Hier ist es viel zu hell
und auch viel zu grell.
Mit diesem hellen Licht,
das der Sonneneinstrahlung entspricht,
verliert man seinen Sehsinn visuell.




Eiserne Dame in grausamer Flut

1910.
Grausames Datum
im Pariser Gedächtnis.
Die Seine verließ ihr Bett,
ausgebreitet,
übermächtig,
Wasser hochgedrückt,
ganze Stadt ver-rückt.
Boote auf Boulevards.
Holzstege über Straßen.
Katastrophe bekannt als
„la grande crue“.

Winter war’s.
Zu viel Wasser auf einmal.
Keine Rückhaltebecken um Paris.
Métro überschwemmt,
soweit schon vorhanden.

Leute getrennt
auf beiden Ufern.
Schreckliches Gespenst
der Erinnerung.




Stimme des Volkes

Stimmenkanone,
Diskussionsbombe,
Meinungsgranate.
Über die Zeiten hinweg
schallt ihr aufrüttelndes Wort.
Eine Sozialmahnerin,
Anwältin der Schwächsten.

Die Theaterbühne
erstürmen,
das Rednerpult
betreten.
Olympe de Gouges:
eine Frau – ein Wort,
eine Frau – viele Wörter.

Flucht aus der Provinz,
Paris als Heimat.
Eine getriebene Seele,
unabhängig,
stolz,
unbeugsam.




Nicht zu empfänglich für Gefühle

In einer harten Welt
ist es besser um einen gestellt,
wenn man herunterfährt seine Emotionen
und stoisch lernt aus Lebenslektionen,
dass einen nichts mehr umhaut oder anfällt.




Der NFL Scouting-Zirkus

Aufregung, sie wächst.
Man bereitet sich vor.
Das alljährliche NFL Scouting!
Der Traum vieler

Man sprintet schnell,
man springt hoch.
Gewichte werden gestemmt
Bankdrücken
Kreuzheben
Kniebeugen

Man geht an die Grenze
Der Körper vollkommen gefordert.
Höchstleistung abrufbar?
Ein Patzen bedeutet das Aus.
Das vorzeitige Aus
Ein Aus bevor es anfing.

Doch daran,
denkt hier keiner.
Man verdrängt,
Schmerzen und Zweifel,
Hunger und Durst,
nur so gewinnt man!




Das Henkersgespräch

Wie lauten sie?
Die letzten Worte?
Der letzte Satz?
Im Leben eines
zum Tode Verurteilten?

Der Letzte, den er sieht,
ist der Henker.
Derjenige, der ihn tötet,
ist das letzte Lebewesen.

Ein paar Worte sind es nur.
Ein Fetzen eines Satzes.
Laute, die zusammengereimt,
wohl einen Sinn ergeben.
Keine Vorwürfe
Kein Selbstmitleid

Gespräch des Todes
Erfahrung des Endes
Wortfetzen zum Abschied




Die erwachende Metropole

Zarte Gewänder fallen
über die Köpfe der Bäume,
lindgrün,
mintgrün,
gelb-grün.

Die Stadt atmet auf,
Paris reckt und streckt sich,
rappelt sich auf nach
den langen Wintermonaten.

Paris zaubert
den Leuten wieder
ein Lächeln ins Gesicht.

Heitere Glückseligkeit,
Lockerheit,
Unbekümmertheit
strömen durch die Stadt.
Aufbruch!

Fassaden glänzen,
Seine glitzert.
Frühlingsfunkeln.

Kinder strömen strahlend
in die Parks:
Die Saison ist eröffnet.
Alle genießen den Auftrieb,
alles scheint jetzt möglich.




Neues – ein Gräuel

Wer nicht gern Neues ausprobiert,
der seine Chancen minimiert.
Man muss seine Sichtweise verlassen,
sonst kann man einiges verpassen.
Da ist das Lebensglück gleich halbiert!




Es läutet die koreanische Friedensglocke

Majestätischer Klang
Eine Glocke des Friedens
Eine klingende Botschaft
Weltweit verstanden

Ein Ton,
der durchdringt,
durch Menschen und Materie
über Grenzen hinweg.

Universelle Musikform
Glück und Freiheit für alle
Frieden im Gleichklang

Der Wind trägt den Klang weiter,
in alle Richtungen und alle Sphären,
hinaus in alle Welt.




Kinderglück im Park

Für das Kinderauge
ist alles Grün,
nirgendwo endet es,
der Rasen geht immer weiter.

Ponys warten
am Eingang
auf begeisterte Reiter,
die auf den Wegen
auf dem Pferderücken
hängen.

Verlockende Düfte
locken
zum Crepes-Stand,
es riecht nach Mandeln,
nach Schokolade.

Auf der Bank vor dem Karussell
schmeckt die Waffel
noch mal so gut.




Neun Nobelpreisträger wurden hier geschmiedet

Die Luft scheint inspirierend
für geistige Höhenflüge,
es lässt sich hier forschen,
entdecken, verifizieren.

Immer Neues,
immer Spektakuläreres

Pioniere auf ihrem Gebiet,
sie gaben nicht auf,
sie jagten nach
der Wahrheit,
dem Ruhm,
den nur Nobel verleihen kann.

Neun an der Zahl.
Dies ist bemerkenswert.
Es scheint etwas dran zu sein,
am kalifornischen Traum.




Herabfallende Farbeimer und die Schwerkraft

Die Erde zieht die Eimer an
und dieses fallen auch sodann.
Sie scheppern mit einem lauten Krach,
gigantischer Farbklecks ganz flach.
Entfernen kann ihn der Reinigermann.




Eine Terrasse ging verloren

Auf dem obersten Punkt
der Kaufhausdachterrasse
ehemals ein gemaltes
Stadtpanorama.
Ein Kreis mit Erklärungen,
begehbar,
erreichbar
auf einen Minitreppe,
gewendelt,
wie es sich gehört.

Eine Etage tiefer,
das obligatorische
Terrassencafé,
ein Tee mit Stadtpanorama,
sehr schick!

Doch geschlossen:
Kaufhaus,
Café,
Terrasse,
Aussichtspunkt.
Eine Kaufhausfamilie
ausgestorben,
das prächtige Mutterschiff
ausgemustert.




Der kleine Bruder des Broadways

New York kennt jeder,
doch auch LA
hat seinen Broadway.

Ansammlung theatralischer
Höchstleistungen

Ein Theater jagt das nächste.
Die Dichte nimmt zu.

Ein jedes hat seinen eigenen Charme,
seine eigene Identität,
mit der das Publikum angelockt wird.

Stammkundschaft
Treue Theaterseelen

Hier lebt die Szene,
hier pulsiert das Theater
in der Stadt der Engel.




Gib dem Leben einen Sinn!

Ein einsamer
in der eigenen Familie.
Einziges Kind,
Hausunterricht,
Wissenshunger, der
niemals gestillt.

Erkenntnisinteressen
auf allen Gebieten:
Happen der Psychologie,
Brocken der Moralphilosophie,
Metaphysik, Logik, Latein, Soziologie.

Das menschliche Leben
ein Zufall ohne Hintergrund,
Sinngebung nur durch
eigene Aktivität möglich.
Jean-Paul Sartre ruft
dazu auf.




Der verspätete Scheck

Wer die Zahlung prellt
und in Verzug fällt,
zahlt am Ende mehr
und das manchmal sehr:
Drum Vorsicht mit dem Geld!




Ein verschlagener Machtplan

Ränke schmieden
im Takt des
Machiavelli-Metronoms.
Ein ausgefeilter
Machtplan gelingt
nur mit Disziplin,
Beharrlichkeit,
Kreativität. Kreativ
sein im Irreführen
des Gegners.

Macht, eine nervöse
Dame. Will abgesichert
sein, sich ein
Hintertürchen offenhalten.
Im Falle des Scheiterns
verschwinden, Truppen
sammeln, dann erneuter
Angriff mit perfektem
Machtplan.




Eine willkommene Abkühlung

Verbotenes lockt,
das erfrischende Bad
am schwülen Sommertag
im Fontänenbrunnen
des Victor Hugo-Platzes.

Tosender Verkehr
um die Erfrischungsquelle,
hineingehüpft
ungefragt.

Neidische Hupen
zerreißen
unser Kaltbad.

Aufmunterndes Klatschen
der Café-Besucher
am anderen Ende
des Platzes.
Wir Springbrunnenrebellen
genießen
die kühle Aufmerksamkeit.




Kampf der Bloods gegen die Crips

Rot gegen Blau
Bloods gegen Crips
Zwei Gangs verfeindet
Kampf bis aufs Blut

Unermesslicher Hass
Straßen verteilt
Bezirke abgesteckt
Jedem sein Territorium
Drogenumschlagplatz

Reich des Schreckens
Willkürliche Aufteilung
Sinnlose Auseinandersetzung

So sinnlos,
dass sie kaum
beendet werden kann.
Weiter geht er,
der Kampf.




Wie es in einem Künstler aussieht

Ein Chaos als Innenleben,
die Kreativität will sich erheben.
Nun muss auch noch die Leinwand herhalten,
ausgeliefert den Künstlergewalten!
Bald wird sich die Wut wieder legen.




Verschwunden in Nebelschwaden

Geheimnisvolle Schwaden
wabern
über der Hauptstadt.
Morgens.
Noch niemand wach.

Verhangenes Montmartre.
Im Nebel verschlungen.
Gassen unklar,
Schilder weg.
Palais Royal –
im Nebel versunken,
garstige Geister unken.
Fahle Düsternis,
finzliges Zwielicht.
Nebel hier selten,
verunsichert.
Sonne! Vertreibe
die schmuddligen Schlieren!




Schummrig-schaurige Plüschhölle

Plüschige Hölle im Marais,
exzentrisch,
hier schläft nicht jeder
ruhig.

Ehemals
Hôtel Saint-Paul
Le Marais,
ein Dreisternling.
Nun prangen
vier Sterne
am neuen Tor.

Design trifft auf Deckenbalken,
Marais auf Modernität.
Schwarz-weiße Bäder,
schwarz-weiße Zimmer.
Rot-schwarz Kombinationen,
Leopardenfellwände.

Schwarze Vorderfront,
rote Gardinen in den Schaufenstern.
Altmodische Laternen
prangen über den Fenstern.

Wilder Farben- und Stilmix
im Restaurant,
rosa Decke,
schwarze Decke,
Leopardenfellstühle,
Blumenmusterstühle.

Kein Quadratzentimeter farblos.
Eine Verwirrung der Sinne
schon beim Eintritt.

Namenspatronin
Joséphine Bonaparte.
Eine schummrig-schaurige
Unterkunft.




Die hochgekochte Gerüchteküche

Der Gerüchtetopf brodelt vor sich hin,
unkontrolliert und ohne Sinn.
Niemand kann ihn vom Feuer nehmen
oder die Stimme gegen ihn erheben.

Der Topf ist nie gar,
seine Brühe selten klar,
doch tunkt jeder die Kelle hinein
und genießt den Inhalt, der wenig fein.
Das Feuer unter ihm brennt heiter,
die Zutatenliste geht ewig weiter.




Wasserfall im unterirdischen Saal

Was man nicht vermutet,
wird plötzlich geflutet.
Der Saal läuft voll
bis auf den letzten Zoll.
Man sich besser schnell sputet!




Träumend durch die Metropole

In Gedanken versunken,
von der Masse getrieben,
abgetrieben,
vom eigenen Gedankenstrom
fortgetragen.

Träumerische Schritte durch Paris.
Der eigene Tagtraum.
Mitten in der Stadt der Träume.
Wird er wahr?
Soll er wahr werden?
Ist der Traum schöner als die Realität?

Paris fasziniert.
Paris inspiriert.
Wer wäre nicht gern dort?
Und gleichzeitig woanders.
Fortgetragen vom eigenen Tagtraum.




Vergessene Sorgen beim Neujahrsumzug

Farbenfest
Feuerwerke toben

Es wird frohlockt,
ein neues Jahr,
so gern wird es begrüßt.

Abschied vom Alten,
Gruß zum Neuen,
ein prächtiger Übergang.

Rot und gelb,
ein getragener Drache,
ein Meer an Lampions,
traditioneller Löwentanz,
alles wird aufgefahren.

Ein Viertel vergisst den Alltag,
vergnügt sich für einen Abend,
es folgt das ganze Jahr.




Die Raseneroberung

Einst eifrig bewacht,
drakonisch reglementiert, Pariser Parks.
Picknick auf dem Rasen? Undenkbar.
Ein Plausch auf dem Grün? Auf keinen Fall.

Eine leise Eroberung hat stattgefunden.
Die Pariser besetzen den Rasen,
die Parkwächter fort,
die Reglements überarbeitet.

Der Städter darf laben
sich am Grün
seiner Parks.




Verschönerungsaktionen vor dem Spiegel

Das Make-up muss es wieder richten
für die modebesessenen Nichten.
Ihre Heimat ist der Spiegel.
Mehrere Lagen wie eine Zwiebel
werden sich auf dem Gesicht schichten.




Wilde Picknicker

Die weißen Picknicker
klappen wieder die Tische auf,
jedes Jahr im Juni
die gleiche Geheimoperation.

Teilnahme auf Einladung,
Kristallgeschirr,
erlesene Speisen,
weiße Kleidung.

Es speist sich,
es diniert sich,
es tanzt sich.

Die Pyramide
als Partykulisse,
der Louvre
schaut großzügig weg.

Punkt Mitternacht
geht das wilde Picknick zu Ende.
Alle räumen auf,
alle packen ein,
nichts bleibt zurück.

Nur Fotos
und ein seliges Lächeln
der weißen Picknickanarchisten.




Das geflutete Labyrinth

Unter Wasser wandeln
Im Glastunnelsystem
Ein geflutetes Labyrinth

Meeresbewohner defilieren
Farbenfrohe Quallen schwimmen
Rochen schlagen mit Flügeln
Schildkröten halten Andacht
Haie ziehen ihre Kreise

Ein jedes Tier hat hier sein Reich.
Der Querschnitt des Ozeans,
er wandelt im Labyrinth umher.
Finden sie den Weg?
Erreichen sie auch das Ziel?




Eine Kneipe wird trübe gemacht

Ist die Schlägerei erst ausgebrochen,
wird manche Nase schnell gebrochen.
Zertrümmert werden Möbelstücke,
so manche Zahnreihe hat jetzt eine Lücke.
Zum Glück wird keiner erstochen!




Wo Schildkröten Wasser speien

Fontainenstrahlen
schießen empor
in der Mitte
zwischen dem Observatorium
und dem Jardin du Luxembourg.

Vier Frauen
schultern eine Himmelssphäre
mit Erde und Tierkreiszeichen.

Vier Frauen – vier Erdteile.
Vier Frauen, in Bewegung,
Bewegung – Erdrotation.

Unterhalb der Frauen
zwei Wasserbecken.
Achte Hippokampe wachen,
Schildkröten und Fische speien Wasser.




Schlemmen à la française

Wo findet man das beste Essen?
Wo werden sich die talentiertesten Köche messen?
Frankreich ist das kulinarische Paradies,
das kein Gourmet je verließ.
Wo gibt es sonst solche Delikatessen?




Ende

© 2021 Nicolette Marquis https://www.carminis.de