2002-2003Gedicht

Gedicht und Limerick – Schaffensphase Januar – Februar 2002






Amoklauf im Terminal

Tatort Flughafen
Das Tom Bradley Terminal
2013 am Gate 3

Ein Wahnsinn beginnt
und nimmt seinen blutigen Lauf.
Schüsse fallen
Menschen fallen
Unschuldiges Leben beendet

Der Moment, an dem ein Leben
nichts mehr wert ist,
vernichtet wird für immer.

Einschneidende Grausamkeit
Irreversibler Fakten

Eine Einzeltat?
Ein Einzeltäter!
Grausame Gewissheit der Wiederholung
An einem anderen Schauplatz
mit gleichem Ergebnis.

Ein trauriger Moment
Ein Terminal steht still.
Einer stirbt.

Mord
Lebenslange Haft
Gerechter Ausgleich?

Wie gleicht man einen Amoklauf aus?
Geht das überhaupt?




Bunker Hill – Die Trennung

Ein uneinnehmbarer Hügel
für die meisten Bewohner

Auffällige Erhöhung
Ein Damm inmitten von Hochhäusern

Getrennte Bezirke
Grabenkämpfe
Abschottungsmöglichkeit
Einschüchterung

Es hat funktioniert.
Über Jahre und Jahre

Ein klingender Name
Amerikanischer Unabhängigkeitskrieg
Assoziation der großen Schlacht

Doch all diese Gedanken,
sie passen hier nicht.
Sie sind fehl am Platz.
Vollkommen falsch

Ein Fehler im Jahrhundert
Ein Versehen in der Zeit
Unstimmigkeit im Zeitstrahl

Bunker Hill:
Für Viele ein Zeichen
unterschiedlichster Art!




Tierlaute aus Menschenmund

Wer Tierlaute nachmacht,
hat es nicht weit gebracht!
Wer nicht will parlieren,
wird sich selbst düpieren,
und wird zu Recht ausgelacht!




Ein Café aus der Belle Epoque

Weiß-goldenes Kontor,
vielfarbige Kuchenkreationen,
Schachbrettmuster
auf dem Fußboden.

Wohlige Wärme
drinnen,
geschäftiges Einkaufstreiben
draußen,
vor den Fenstern.

Kakaopalast.
Kuchentempel.
Weißblitzende Kacheln,
bunte Köstlichkeiten.

Kunstwerke
zum Staunen,
zum Riechen,
zum Genießen!

Entrückte Stunden
in der Belle Epoque.
Kokon der Ahnungslosen,
seliges Vergessen.

Noch eine Bestellung!
Wie lange kann es dauern?
Zarter Vanilleduft,
Stimmengewirr,
vielsprachig,
angenehmes Säuseln.
Melodie des Klirrens
der weißen Tassen,
zitronengelber Traum.
Angelina!
Angelina!




Ein Kaufhaus im Weihnachtsrausch

Riesige Schaufenster,
bunt dekoriert,
kunstvoll dekoriert,
bewegliche Puppen,
elegantes Zucken,
begeisterte Menge.
Über hundertjährige Tradition.
Ein Spiel der Sinne
Für Groß und Klein,
alt und jung.
Die Zeit geht,
die Faszination bleibt.
Weihnachten
über die Jahrzehnte hinweg
gleich.

Drinnen, im großen Theater,
wartet in der Mitte
ein Baum,
überdimensional,
umgedreht,
schwebend
von der Decke,
über dem Boden
glitzernd.
Unifarbene Kugeln,
winzige Lichter
blinken tausendfach.
Magie durch Kommerz,
Magie auf Knopfdruck.
Weihnachtszauber.
Ich möchte ihn nicht missen.




Das absolut schrillste Outfit

Mit dieser Kleidung
schafft er’s in jede Zeitung:
Die Hose rot-grün kariert,
der Hut pink koloriert.
Das verdient eine Abreibung!




Ein Alptraum namens Pompidou

Wenn die sechziger
zum Kunstwerk werden,
prangt eine quietschbunte
Röhrenansammlung
vorm erschrockenen Besucher.

Potthässlicher Block,
durchsichtig,
vielfarbig,
Rohre am Rande,
Bausünde!
Bauschande!
Kunst?
Pseudomoderne
Technikausgeburt,
hässliches Relikt der 60er,
vergessen abzureißen.
Schmach des Viertels,
erträglich nur auf der Terrasse,
da dann unsichtbar.

Besucher Achtung!
Hässlichkeit ist Zier.
Das Innerste zuoberst.
Eine Verschandelung
des Viertels,
ein Reinfall
für die Stadt,
unwürdig dem Lichtermythos.
Touristen, bleibt fern!
Endlich abreißen!




Verräterisches Glitzern am Himmel

Optisches Aufflammen eines Blitzes
Ein silbernes Etwas
Gespiegelt im Schein der Sonne

Verräterisches Aufblitzen
Eines hellen Metalls
Was kann es sein?

Gefahr im Anflug?
Spionage aus den Wolken?
Ein Ufo aus einer anderen Galaxie?

Wilde Gedankenspirale
Eines beobachteten Opfers
Eines belauschten Hasen auf der Flucht




Eine Glocke als Name

Eine Glocke,
sie erklingt im Namen
und verleiht ihm einen
besonderen Klang.

Ein schöner Unterton
von vielversprechender Natur.

Einst eine Ranch,
nun Teil einer munteren Stadt.
Das Leben blüht
und gedeiht hier,
in Bell.

Ein kleines Dorf in LA,
abgeschieden,
anmutig,
ein pittoreskes Abbild
einer modernen Stadt.

Man möchte eintauchen
und nicht mehr weg.
Aufgesogen im Charme,
den Bell Tag für Tag versprüht.




Ein Kaufhaus namens Frühling

Kaufhaustempel
aus dem 19. Jahrhundert.
Am Anfang ein Brand,
Wiederaufbau.
Stolze Kuppeln,
an den Seiten
Glasfront.
Eisenträger als Gerüst.
Modernität, Komfort.
Ehedem riesige Freitreppen
zum Locken der Besucher
in Abteilungen
nach oben, nach oben!

Heute Printemps immer noch da
im Schwesterpaar:
Printemps maison,
Printemps mode.
Ersterer oft umgebaut.
Unten locken jetzt Düfte.
Musik, Lichteffekte
schmeicheln jedem Teint.
Nach der Lippenstifthölle
Zwischengeschoss,
noch mehr Cremes,
Hausrat erst weiter oben.
Geschirr, Möbel,
auch Koffer.
Ganz oben thront Terrasse,
Erfrischung
mit Opéra im Blick.
Welch ein Glück!




Elegie zur trostlosen Tristesse

Alltagsfrust
Ein Viertel auf Barrikaden

Kein Ausweg
aus dem Ghetto.

Aufgestaute Wut
mündet in Lethargie.

Lethargie führt
zu gänzlich dummen Ideen.

Trostlosigkeit
Tristes Leben
Kein Lächeln auf dem Gesicht

Schlechte Veränderungen
Spirale führt hinab

Die reichen Sportclubs
spielen hier.
Scheinwelten
Reich und Arm prallen
aufeinander.

Extreme sind hier
besonders groß,
gefährlich hoch.

Mal schwappt es über,
dann trifft es einen Spieler.
Entführung oder Raub
Spielt es eine Rolle?

Ghetto im Ausnahmezustand
Es wiederholt sich.
Jeden Tag aus Neue




Umzug ins neue Kommissariat

Die neue Polizeibehörde
liegt jetzt an der Förde.
So nah am Wasser
wird’s manchmal nasser,
so ist das in Eckernförde.




Ein Café voller Philosophen

Dunkelgrüne Markisen,
goldene Schriftzeichen,
elegant gebogen.
Cafétische
elegant platziert
vor dem Café,
sicher unter der Markise,
aber im Lärm des
Boulevard.
Boulevard Saint-Germain
steht nie still.

Die Touristen,
sie strömen
in diese berühmte Stätte
der neuen Ideen
der 50er, der 60er.
Jeder hofft, der Glanz
strahlt noch.
Ein existentialistischer
Geist weht über
die Espressos.
Alle lehnen sich zurück,
fühlen sich intellektuell.
Pose.
Leer.
Teil der Inszenierung.

Warum?
Warum keine neue Geschichte?
Eine eigene.
Neue Ideen!
Diesmal.




Der neue Leiter der Außenoperation

Ruppig und altgedient
Alte Schule, langer Dienst
So manche gelungene Operation,
ging auf sein Konto ohne Lohn.

Nun, also Leiter,
eine weitere Sprosse
auf der Karriereleiter.

Heikle Missionen
Brenzlige Befreiungen
Sein Repertoire ohne Grenzen

Jetzt ganz oben,
die Befehle sendet er!
Anders wird es nun laufen,
das wünscht er sich so sehr.




Biomedizinische Spitzenforschung

Eine Brücke zwischen
Molekular- und Zellbiologie

Eine Verbindung,
so dringend gebraucht,
so unendlich wichtig
Biomedizin als Spitzenforschung.

Ein neues Teilgebiet
In Expansion begriffen
Neuland, das bestellt
werden will.

Pionierfakultäten sprießen aus dem Boden,
solche die Maßstäbe neu definieren.

Akademisches Bindeglied
neuster Forschungen.
Impfstoffe,
die entwickelt werden
und Leben retten.

Fäden,
laufen hier
zusammen.




Unflätige, plumpe Anmache

Mit diesem dämlichen Spruch,
gepaart mit einem strengen Geruch,
kann man nur angewidert sein
und lässt den Sprücheklopfer allein,
sonst gäbe es einen Kieferbruch!




Ein nettes, kleines Hotel

Kleines Hotel in kleiner Straße.
Ruhig und doch zentral.
Abgeschieden,
süße Place in der Nähe.
Dorfstimmung.

Weiße Tür,
gelbe Sterne auf blauem Grund.
Enger Flur, aber orange
hell, freundliche
Privathausatmosphäre.

Wir kommen an.
Rechts réception,
bordeauxfarbener Teppich
mittelalterlicher Spiegel,
PC im Schrank versteckt,
herrlich altmodisch.
Plastikschlüssel in uraltem Regal.
Hochfahren in winzigem Aufzug.
Rot-gelb-orange Gänge
– wieder einladend –
endlich im Zimmer,
Tür zu,
eigenes Reich
auf Zeit
in kleinem, süßen Traum.




Eine irische Geschichtenerzählerin

Grande Dame des Thrillers
für immer entschwunden.
Ihre Stimme lebt weiter.
Mary Higgins Clark –
ein Werk ohnegleichen.

Von Geburt an
Geschichtenerzählerin,
eine irische Seele der
grünsten Sorte.
Ein Lebensweg
Gepflastert mit
Schicksalsschlägen:
Tod des Vaters,
Tod des Bruders,
Tod des Ehemanns.

Und dennoch ein Lächeln.
Eine stille Zufriedenheit,
Güte, Ehrlichkeit
umweht ihre Erinnerung.




Ein unsichtbarer Verfolger

Er klebt jedem auf der Ferse,
sorgt für manche Kontroverse,
gibt einfach gar nicht auf,
scheut auch keinen langen Lauf,
sorgt für viele Probleme, diverse.




Abschottungstendenzen mit Gartenzäunen

Grundstücke gesichert
Mit Zäunen und Draht
Hoch und breit
Abschreckungseffekt

Vorsicht bissiger Hund!
Schilder als Drohung
Hier wird gedroht,
bereits am Gartenzaun.

Die omnipräsente Angst,
sie herrscht hier,
regiert schon immer.

Anpassung und Eskalation
Überbietungseffekt

Man rüstet auf,
mehr als andere,
schneller und besser.
Mithalten, muss man hier.
Oder man wird das Opfer.




Eine ergebnisorientierte Organisation

Wer hält hoch die Effizienz
mit einer solchen Stringenz?
Für wen zählt nur das Ergebnis
und sonst kein Erlebnis?

Welche führende Organisation
will unbedingt besteigen den Thron?
Wer will immer höher hinaus
will die Aufmerksamkeit und den ganzen Applaus?

Welche Firma kennt nur den Weg nach oben,
ist so dermaßen abgehoben,
dass sie in der Vergangenheit oft überzogen?




Winterliche Parkimpressionen

Weißes Glitzerkleid
für den Jardin du Luxembourg.
Grüne Gartenstühle lugen
heraus.
Der sénat thront majestätisch
in der winterlichen Stille.

Zugefrorenes Bassin
mit den bunten Holzbooten,
im Sommer
kein Kindergeschrei.

Alle Blätter
abgefallen,
kahle Bäume,
nackte Äste
gen Himmel gereckt.

Replik der Freiheitsstatue
im Vergleich winzig klein,
friert auf ihrer Säule.

Versprengte Besucher,
unermüdliche Jogger,
sonst stört keiner
die Ruhe im
weißglitzernden Jardin
du Luxembourg.




Expedition statt einer Fahrt

Was als Nachmittagsausflug begann,
schnell an Fahrt gewann.
Da ging es plötzlich immer weiter,
die Straße wurde immer breiter
und schon war man in Vietnam!




Geschichten des alten Leuchtturmwächters

Sein weißes Haus im Park
Eine Meeresidylle
Der Leuchtturmwächter,
alt, aber wacher Blick.

Seine Augen,
sie haben viele Stürme gesehen.
Er betrachtet die Wellen
und erzählt aus seinem Leben.
Bewegte Wellen, bewegtes Leben

Sturmfluten und gesunkene Schiffe
Ertrunkene Matrosen
Gebrochene Mannschaften

Ein Schicksal,
so eng verwoben
mit dem Ozean,
mit den Elementen
und Urgewalten.




Sonnenanbeter in der grünen Lunge

Ruhemeer,
Vergessenszauber
wartet im Stadtkern.

Er ist grün,
Bäume, Blumen, Aufatmen
mitten in der
hektischen Stadt.
Auf dem Rasen
ein Picknick zelebrieren,
die Kinder toben
munter herum.
Das Bassin
hält kleine Holzboote bereit,
der Andrang ringsum groß.

Auf einer Bank
in einem Buch versinken.
Mit einem Eis
der Stadthitze entfliehen.

Als Sonnenanbeter
einen grünen Stuhl
ergattern,
den Nachmittag
in Wärme und Hitze
zubringen.




Kostbare Sammlung deutscher Exilliteratur

Ein Literat im Exil
Das Schlimmste,
was ihm passieren kann.

Isolierte Einsamkeit
Allein vor seinem Werk
Er und die Buchstaben

Exponiert vor seinen Worten
Bloßgestellt vor seinem Werk
Sätze, die nur er liest,
nur er verstehen kann.

Schmerzen,
die nur er
durchlebt hat,
nur er ermessen kann.

Erfahrungssammlung
Exilliteratur als Schatzsammlung




Orientierungslos auf den Dachziegeln

Ein Schlafwandler mit erhobenen Armen
zieht auf dem Dach seine Bahnen.
Den Pyjama hat er auch noch an,
sodass er sich nicht erkälten kann.
Man müsste ihn dringend warnen!




Die Einkäufer sagen nicht nein

Arkadengeschäfte,
Perlen um Perlen aneinandergereiht.
Rue de Rivoli endlos.
Schaufenster sagen ja,
zwingen zum Stehen,
zum Reingehen,
zum Suchen,
zum Kauf.
Ein Einkaufsrausch
der teuren Art.
Ein wacher Kunde –
ein schlechter Kunde.

Verleitung,
Verlockung,
Verführung.
Der Einkaufstraum
nie ausgeträumt,
der nächste Kauf
der beste,
vielleicht.
Das Arkadenreich
dehnt sich ewig aus.




Beethovenstatue in der Fremde

Gebeugten Schrittes
wandelt er
durch den Park.

Sein Gesicht scheint sich
verfinstert zu haben.

Innerer Monolog
Ideen ranken

Schwere Gedanken
plagen ihn
zu einer solchen Haltung.

Er denkt und denkt,
grübelt und grübelt,
und kommt zu keinem Schluss.

So wandelt er am Square,
weil er es einfach muss.
Fuß hat er gefasst,
selbst in der Ferne.




Wenn Erinnerungen zur Kunst werden

Nobelpreisausgezeichneter
Erinnerungskünstler.
Schicksale wachrufen,
das Leben unter der deutschen
Besatzung aufzeigen.

Patrick Modiano, Ziehkind
Raymond Queneaus.
Von der Bilderbuchschulkarriere
abgebogen, die Literaturallee
hinaufgefahren.

Ein Gallimardkind
seit Urzeiten.
Im Pariser Kosmos
erschaffen, bis heute
in der Hauptstadt
verhaftet.




Der ausgetauschte Austauschschüler

Andernorts die Schule besuchen,
sich dort mal in Mathe versuchen,
vielleicht ein bisschen Sport dazu,
fertig ist das Curriculum im Nu
und den Rückflug in seine Heimat buchen!




Sündenbock wider Wissen

Er zieht die Schuld
auf sich
wie ein Magnet.
An anderen prallt
sie ab,
sie behalten
weiße Westen,
er versinkt
im tiefen Schuldmorast.

Schutz der anderen,
er agiert umsichtig,
die Schuld – er kann
sie tragen,
auch einen ganzen
Verdammnisberg hinauf.

Sündenbock aus
eigenem Willen.
Die Rolle im Theater
des Lebens
selten gewünscht.




Ausbruch aus dem Betonmeer

Quadratbecken.
Wasserreservoir
für müde Besucher
des Palais de Tokyo.
Sommertreff,
Winterboykott.
Leere in der Kälte,
Plätschern in der Wärme.

Ein kurzer Halt
obligatorisch.
Magnet Wasser,
geistklärend, blickberuhigend.

Beckenrandpause,
Blick im Wasser
verloren,
Bassinmeer
macht mehr her.
Plätschermeditation
auf Museumsüberfraß.




Von der Schönheit einer Rosenschau

Rot und stachelig
Schönheit, weiß sich zu wehren
Blütenensemble
Besonderer Gartenduft

Eine Rosenschau
im Exposition Park
auf der ganzen Fläche verteilt.

Eintauchen in eine Rosenwelt
Den Alltag ausblenden
Den Duft einatmen
Eins werden mit den Rosen

Ein Wind streicht leicht,
über die Blüten,
wenige Blütenblätter
fallen zu Boden.
Das Rot wird Schwarz.




Unkonventionelle Kleiderwahl

Wer sich kleidet extravagant,
der ist nicht automatisch elegant.
Manch einer gleicht einem Clown
oder einem Modealbtraum.
Jedenfalls kein Haute Couture-Gigant!




Gefangen im Stau auf der Prachtmeile

Eine ernste Blechlawine
von morgens an
bis in den Abend hinein.
Stoßstange küsst Stoßstange.
Auspuff röhrt,
Fahrer genervt.

Die Champs-Elysées
vom Auto aus
ein Graus.
Verstopft und voll.
Ein Blechballett,
träge und lahm.
Niemand sieht die Avenue,
jeder starrt
auf den Vordermann.

Der Kampf der Zentimeter,
der Millimeter.
Es geht nie voran.
Immer verstopft,
diese Pariser Arterie.
Jammern unnütz,
Autos herrschen,
geben nichts frei.
Erst am Abend
freie Bahn.
Endlich schicke Avenue!




Wühlen in Bügelreihen

Alte Klamotten
in halber Höhe
des Touristenhügels.
Ein cooler Laden
in Montmartre.

Trendig, ein Geheimtipp.
Vintage für alle:
Alltagsklamotten,
Festkleidung,
Business.
Schöne Sachen,
getragen,
scheinbar unbenutzt.

Frauenoase, Auszeit
unter Freundinnen.
Sich durch die Bügelreihen wühlen.
Hier macht es Freude,
bloß niemandem verraten.




Das Ende aller Gefährlichkeit

Im Märchenland endet alle Gefahr,
das reduziert den Stress fürwahr,
andauernde Glückseligkeit,
permanente Heiterkeit.

Da wird einem die Zeit doch lang,
so ganze ohne Sorgen von Rang,
Was macht man den ganzen Tag nur?
Spielen, hüpfen, Freude pur.

Mag man im Märchenland für immer bleiben
Oder muss man sich an Sorgen reiben?
Um persönlich weiterzuwachsen,
trotz mancher idiotischer Faxen.




Die unaufhaltsame Macht des Wassers

Hat die Flut erst mal begonnen,
bewegt das Nass viele Tonnen.
Alles, was ihm im Wege steht,
wird urplötzlich umgemäht.
Existenzen sind zerronnen!




Lichterglitzern auf der Brücke

Eine Uferverbinderin.
Trockenen Fußes
vom Champ de Mars zum Palais de Chaillot.
Mit Markisendach auf dem Haupt
zur Weltausstellung 1889.

Heute beinahe nüchtern.
Eine alte steinerne Dame,
abgeklärt und einbetoniert.
Im Tageslicht unauffällig.
Bei Nacht eine Lichtglitzerin,
die Iéna-Brücke.
Zieht Scharen an,
lockt mit Versprechungen,
weiterem Glitzern,
das doch nur schimmernder Tand.




Der Thien-Hau-Tempel: Besuch im Exil

Das Original in Vietnam
Die Kopie in LA

Eine besondere Pagode,
der Mazu zu Ehren,
der daoistischen Göttin,
der Gebieterin des Meeres,
Herrscherin der Wogen.

Auch im Exil
die Tradition gewahrt
und der Glaube kultiviert.

Ort der Symbolik
Ein ruhiger Hafen
in einem unerträglichen Meer.

Einkehr statt Abkehr
Rettung statt Verzweiflung




Touristenplantschen

Fontänen wie Kreationen.
Kunstgeschöpfe.
Sie drehen,
prusten,
spritzen
Wasser
in alle Richtungen.

Farbenfroh,
formenreich,
verrückt.

Die Touristen
fühlen sich angesprochen,
sie hüpfen rein,
in den Stravinksy-Brunnen,
haben teil
an der Ode
an die Fröhlichkeit.
Ein Sommervergnügen,
ein begrenztes Vergnügen.
Nutze das Wasser!




Welch entzückender Kuss

Dieser zarte Kuss
ist ein Genuss.
Es begegnen sich die Lippen,
man könnte ausflippen.
Ach, wäre damit niemals Schluss!




Weißgekleidete Leute in Dinner-Mission

Kulinarischer Flashmob,
jeder Teilnehmer
darf im nächsten Jahr
einen Gast zu Tisch bitten.
Eine Stunde vorher
militärische Organisation´.

Eine weiße Menschenflut,
viele Regeln,
Stofftischdecken.
Seit 1988
stetig angewachsen,
Ableger auf sämtlichen Kontinenten.
Drei Schlemmerstunden.
Sie zelebrieren
französische Leichtigkeit,
sich selbst,
den Moment.




Naturverbundenheit in der Oase

Ein Wald inmitten einer Stadt?
Ein Schauspiel sondergleichen
Wer hätte so etwas geahnt?
Stadtplanung mal anders
Diese Naturoase,
sie kennt keinen Vergleich.

Seen und schön angelegte Wege,
sie tragen zur Erholung bei.
Großstädter flüchten in dieses Natur-Karree
Sie versprechen sich Harmonie
und ein Gefühl der Naturverbundenheit.

Stille im Grünen
Wind als Massage
Auszeit auf dem gemähten Rasen
Eine Landschaft für sich




Im Tiefflug über Wiesen

Am Steuer ist ein Bruchpilot,
der fliegt trotz Flugverbot
so tief über eine Wiese,
da bekommen die Leute eine Krise
und schießen ihn ab mit Schrot.




Ein Tag im Kommerzmärchen

Ein Tag im Disney-Märchen.
Die Figuren laufen
um einen herum,
es gibt sie wirklich,
sie lächeln ewig,
winken, tanzen.

In die Künstlichkeit eintauchen,
den Kommerz vergessen,
das Disney-Märchen
erspüren.
In Europa seit 1992 wahrgeworden.

Ein Tag in den verschiedenen Ländern.
Im Flug vergangen.
Buntes, fröhliches Treiben,
strahlende Gesichter
bei großen und kleinen Fans.




Unnötige Belastungen loswerden!

Mit wenig durchs Leben schreiten,
kann einem helfen beizeiten.
Wer mit nichts belastet ist,
hat auch nichts, was er vermisst,
und lässt sich vom Schicksal besser leiten.




Ende

© 2021 Nicolette Marquis https://www.carminis.de